Spätkapitalismus

Spätkapitalismus
1. Begriff der Historischen Schule der Nationalökonomie und der neomarxistischen Theorie ( Neomarxismus) zur Beschreibung des Endstadiums des  Kapitalismus: Für Sombart (Vertreter der Historischen Schule) ist der Sp. durch zunehmende nationale Wettbewerbsbeschränkungen sowie anwachsende soziale Konflikte gekennzeichnet. Für den Neomarxismus ist der Sp. gekennzeichnet durch: (1) Zunahme der internationalen  Konzentration und Zentralisation des Kapitals; (2) wachsende Monopolisierung und Kartellierung der Wirtschaft; (3) umfangreiche wirtschaftspolitische Eingriffe des Staates zur Beseitigung der immer heftiger werdenden Wirtschaftskrisen; (4) wachsende Bedeutung der Rüstungsindustrie, um Ersatzmärkte für das überschüssig akkumulierte Kapital zu schaffen und (5) die Verschärfung des Klassenkampfes (Mandel).
- 2. Als Ursache hierfür wird, wie bei Marx, der Grundwiderspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen des Kapitalismus angesehen ( historischer Materialismus). Die Folgen des ökonomischen Grundwiderspruchs beschränken den Handlungs- und Entscheidungsspielraum der politischen Instanzen: Der Staat muss immer stärker die zunehmend heftigeren Krisen auffangen. Dies hat jedoch nur die Konsequenz zukünftig noch größerer Störungen. Die Regierung muss immer mehr der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen zur Krisenbewältigung aufwenden und kann daher immer weniger allgemeine Kollektivgüter bereitstellen; aufgrund der Instabilität des privatwirtschaftlichen Sektors wird für sie eine längerfristige konzeptionelle Planung immer schwieriger. Dies ruft eine Legitimationskrise der staatlichen Instanzen hervor, da sie von den Staatsbürgern (Wählern) für diese Entwicklung haftbar gemacht werden, ggf. durch Entzug der Wählerloyalität.
- Der diesem Argumentationsmuster zufolge von der ökonomischen Basis auf die Ebene des politischen Überbaus verlagerte Widerspruch bewirkt schließlich eine revolutionäre Umwälzung des gesamten Gesellschaftssystems.
- 3. Kritik: Diese Theorie gilt als Ad-hoc-Hypothese, die nachträglich in das historisch-materialistische Entwicklungsschema von Marx eingeführt wurde, um dessen Grundidee der geschichtlichen Zwangsläufigkeit trotz der offenkundigen Stabilität der privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft aufrechterhalten zu können.

Lexikon der Economics. 2013.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Spätkapitalismus — bezeichnet ebenso wie Frühkapitalismus in der Wirtschaftsgeschichte und Gesellschaftsgeschichte eine zeitliche Einordnung für die Periode der betreffenden Wirtschafts und Gesellschaftsstruktur. Der Begriff selbst wird auf Werner Sombart… …   Deutsch Wikipedia

  • Spätkapitalismus — Spät|ka|pi|ta|lis|mus 〈m.; ; unz.〉 Abschnitt des Kapitalismus seit Beginn des 1. Weltkrieges * * * Spät|ka|pi|ta|lis|mus, der: vgl. ↑ Spätantike. * * * Spät|ka|pi|ta|lis|mus, der: vgl. ↑Spätantike …   Universal-Lexikon

  • Ernest Mandel — (* 5. April 1923 in Frankfurt am Main; † 20. Juli 1995 in Brüssel) war ein einflussreicher marxistischer Ökonom, Theoretiker des Sozialismus und – zeitweise zusammen mit Michel Pablo – ein führendes Mitglied der Vierten Internationale. Von 1970… …   Deutsch Wikipedia

  • Kapitalistisch — Unter Kapitalismus wird eine Wirtschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum der Produktionsmittel beruht und über den freien Markt (Marktwirtschaft) gesteuert wird. In der deutschen Wirtschaftswissenschaft wird statt des oft wertend… …   Deutsch Wikipedia

  • Arbeit und Interaktion. Bemerkungen zu Hegels „Jenenser Philosophie des Geistes“ — Technik und Wissenschaft als „Ideologie“ ist ein Buch von Jürgen Habermas. Er widmete es Herbert Marcuse zum 70. Geburtstag (19. Juli 1968). Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Arbeit und Interaktion. Bemerkungen zu Hegels „Jenenser Philosophie des …   Deutsch Wikipedia

  • Kulturindustrie - Aufklärung als Massenbetrug — „Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug“ ist ein Kapitel aus der „Dialektik der Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. In diesem Kapitel analysieren die Autoren die veränderte Produktion und Funktion von Kultur im… …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred Willi Rudi Dutschke — Rudi Dutschke Alfred Willi Rudi Dutschke, Rufname Rudi (* 7. März 1940 in Schönefeld bei Luckenwalde; † 24. Dezember 1979 in Århus, Dänemark), war ein deutscher marxistischer Soziologe. Er gilt als bekanntester Wortführer der westdeutschen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Alfred Willi Rudolf Dutschke — Rudi Dutschke Alfred Willi Rudi Dutschke, Rufname Rudi (* 7. März 1940 in Schönefeld bei Luckenwalde; † 24. Dezember 1979 in Århus, Dänemark), war ein deutscher marxistischer Soziologe. Er gilt als bekanntester Wortführer der westdeutschen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Kapitalismus — bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts und Gesellschaftsordnung, zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Permanente Rüstungswirtschaft — Die Theorie der Permanenten Rüstungswirtschaft versucht im Rahmen des Marxismus den Aufschwung der kapitalistischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zu erklären. Für Marxisten besteht hier deshalb Erklärungsbedarf, weil die meisten von ihnen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”